Die Veranstaltung

Frieder Heinze und Olaf Wegewitz, Unualutu, Malerbuch, 1985—86, Titelblatt,
© Abbildung: Studio Vonderlind mit freundlicher Genehmigung der Künstler

Point of no return

UNAULUTU
Steinchen im Sand

30. Oktober 2019    19:00 — 21:00 Uhr

Ort:

Hegenbarth Sammlung Berlin
Laubacher Straße 38
14197 Berlin

Teilnahme und Eintritt nur nach Anmeldung

Zur kulturpolitischen Bedeutung des Künstlerbuchs Unaulutu
von Olaf Wegewitz und Frieder Heinze


Öffnet man den Deckel dieses Buches ist ein sanftes Rauschen zu hören. Wie kleine Steinchen rieselt Reis durch den kaschierten Buchdeckel. Dem Buchbetrachter offenbaren sich nicht nur eine besondere Bindung, sondern auch verschiedene Papiersorten sowie aus der Natur stammende Materialien, wie z. B. Baumrinden, geflochtene Palmblätter und Schwirrhölzer.

Mit insgesamt 68 Originalgrafiken ist UNAULUTU eines der außergewöhnlichsten Malerbücher der DDR. Seine 130 Exemplare sind als Druck der Dürer Presse des Leipziger Reclam-Verlags 1986 veröffentlicht worden. Der hohe finanzielle und organisatorische Aufwand war für einen weitgehend handgefertigten Pressendruck ebenso hoch wie ungewöhnlich. Auch die Zusammenarbeit mit den beiden in der DDR-Öffentlichkeit nicht etablierten Künstlern Olaf Wegewitz (*1949) und Frieder Heinze (*1950) erstaunt, da sie aufgrund ihrer Beteiligung am 1. Leipziger Herbstsalon als „konterrevolutionär“ galten.

Inhaltlich beschäftigten sich die beiden Künstler mit Zeugnissen indigener Völker. Wegewitz hatte im Völkerkundemusum in Leipzig in einem Skizzenbuch des Ethnologen Fritz Krause (1881—1936) Zeichnungen der brasilianischer Karajá entdeckt und sich buchkünstlerisch damit auseinander gesetzt. Damit knüpfte er an die Tradition des „Primitivismus“ der Klassischen Moderne an.

Die Entstehungsgeschichte und der Inhalt des Buches sowie seine kulturpolitische Bedeutung am Vorabend der Wendezeit werden an diesem Abend beleuchtet. Dass ein solches Künstlerbuch beim Leipziger Reclam-Verlag erscheinen und auch in der BRD über die Galerie Brusberg vertrieben werden konnte, verdeutlicht symptomatisch die Widersprüchlichkeit der kulturpolitischen Praxis in der DDR.

Obwohl Wegewitz und Heinze nicht in der aktuellen Ausstellung Point of No Return vertreten sind, die noch bis 3.11.2019 im Museum der bildenden Künste Leipzig zu sehen ist, stellt dieses außergewöhnliche Künstlerbuch einen wertvollen Beitrag im aktuellen Diskurs zu Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst dar.

 

Frieder Heinze und Olaf Wegewitz, Unualutu, Ein Malerbuch als tragbare Ausstellung im Jutesack, 1985—86, © Abbildung: Studio Vonderlind mit freundlicher Genehmigung der Künstler
Frieder Heinze und Olaf Wegewitz, Unualutu, Künstlerbuchobjekt — Spielelemente, 1985—86, © Abbildung: Studio Vonderlind mit freundlicher Genehmigung der Künstler
Frieder Heinze und Olaf Wegewitz, Unualutu, Künstlerbuchobjekt — Spielelemente, 1985—86, © Abbildung: Studio Vonderlind mit freundlicher Genehmigung der Künstler
Frieder Heinze und Olaf Wegewitz, Unualutu, Erweiterung des Buchraums, 1985—86, © Abbildung: Studio Vonderlind mit freundlicher Genehmigung der Künstler

Hendrikje Hüneke, M. A. studierte Kunstgeschichte, Neuere Deutsche Literatur und Klassische Archäologie in Gießen. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf Kunst im Buch, Buchkunst und das illustrierte Buch. UNAULUTU war Thema ihrer Magisterarbeit. Zuletzt war sie für die Büchergilde Gutenberg in Frankfurt am Main tätig. Sie lebt und arbeitet in Kiel.

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